Wer an alpine Unfälle im freien Gelände denkt, dem fällt sofort die Lawinenverschüttung ein. Das ist natürlich auch richtig, aber man kann auch mit anderen Not- und Unfällen konfrontiert sein kann. Es folgt ein Überblick über alpine Unfälle und deren Häufigkeit in Österreich:

1. Der Lawinenunfall

In Österreich hat es in den vergangenen 40 Jahren knapp 1.000 Lawinentote gegeben. Im langjährigen Schnitt waren das 24 Tote pro Jahr, wobei hier nicht nur Unfälle auf Pisten, sondern auch im Siedlungsraum und auf Verkehrswegen dazugezählt werden. Obwohl die Zahl der Tourengeher und Freerider in den vergangenen Jahrzehnten und Jahren exorbitant zugenommen hat – genaue Daten gibt es nicht, aber man darf von ca. 500 .000 bis 700.000 Menschen ausgehen, die in Österreich im freien Gelände unterwegs sind –, ist die Zahl der Lawinentoten deutlich im Sinken: Schaut man sich die vergangenen 20 Jahre an, so waren im Jahresmittel 20 Lawinentote zu beklagen und in den vergangenen zehn Jahren ist diese Zahl auf 16 gesunken (www.avalanches.org).

So tragisch jeder Lawinentote für das individuelle Umfeld des Verunglückten ist, ist diese Zahl vergleichsweise niedrig. Gründe für das Sinken der Lawinentotenzahlen sind optimistisch betrachtet die verbesserte Ausrüstung, bessere Prognosen, häufigere Alarmierung der Rettungskräfte durch das mitgeführte Mobiltelefon und bessere Ausbildung. Einige dieser Argumente gelten allerdings auch für andere Alpinunfälle. Nach wie vor zeigt die Statistik der Lawinentoten klar: Tödliche Lawinenunfälle geschehen vermehrt in Wintern mit ungünstigem Schneedeckenaufbau.

Wenig überraschend steigt die Wahrscheinlichkeit, in einer Lawine ums Leben zu kommen, mit zunehmender Verschüttungstiefe und -dauer, da die Haupttodesursache „Ersticken“ ist. Allerdings hat sich herausgestellt, dass mehr Mitgerissene tödlich verletzt werden, als bisher angenommen wurde.

Dennoch sind und bleiben die Ersthelfer vor Ort die beste Überlebenschance für Komplettverschüttete. Dabei handelt es sich um die anderen Gruppenmitglieder, die entsprechend ausgebildet und trainiert sein sollten, um eine Verschüttetensuche inkl. notwendiger Erste-Hilfe-Maßnahmen zu organisieren und durchzuführen.

Ein Lawinenairbag ist eine gute Idee, um eine solche Totalverschüttung zu verhindern. Tatsächlich senkt laut einer Studie ein Lawinenairbag das Todesrisiko um die Hälfte, sprich von 100 Ganzverschütteten sterben ca. 22 ohne und nur elf mit aufgeblasenem Airbag (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24909367/).

2. Folgen von Unfällen

Betrachtet man die Todesursachen beim Skitourengehen in Österreich, dann ist die Lawine Ursache Nummer eins und ca. für die Hälfte aller tödlichen Ereignisse verantwortlich, gefolgt von Herz-Kreislaufstörungen, Sturz und Absturz.

Anders sieht es bei den verletzten Skitourengehern aus: Hier ist die Lawine für keine 10 Prozent der Verletzten verantwortlich und liegt auf Platz drei, während die Hauptursache die Folge von Stürzen ist. Für mehr als die Hälfte aller Verletzungen sind einerseits Skistürze, aber auch Stolperer und Ausrutscher ohne Ski verantwortlich.

Ohne genaue Zahlen zu kennen, darf dabei vermutet werden, dass nicht bzw. falsch eingestellte Tourenbindungen bzw. deren Fehlanwendung (Verriegeln von Tec-Bindungen bei der Abfahrt) für zahlreiche typische Verletzungen wie Bänderrisse etc. verantwortlich sind. Es ist empfehlenswert, sich im Bergsportfachgeschäft von geschultem Personal beraten und die Bindung auch dort montieren und einstellen zu lassen.

Wie bei Pistenunfällen gibt es auch beim Skitourengehen Verletzungen durch Kollisionen, einerseits mit feststehenden Hindernissen und andererseits mit weiteren Skitourengehern. Dadurch verletzen sich etwas mehr Personen als durch Lawinenabgänge.

Weitere Notfälle

Aber nicht immer ist es ein Unfall, der zu einer Notsituation führt. Auch ohne Verletzung kann man im freien Gelände „blockiert“ sein, also sprichwörtlich „Nicht mehr vor und zurück kommen“.

Notsituationen durch Lawinenabgänge waren für rund ein Drittel der Alarmierungsfälle von organisierten Rettungskräften in Österreich verantwortlich, auch wenn in diesen Fällen niemand durch den Lawinenabgang verletzt wurde.

Auf Rang zwei liegt im mehrjährigen Mittel Orientierungsverlust durch Verirren oder Versteigen, gefolgt von verschiedenen Notsituationen ohne nähere Zuordnung.

Was die absoluten Zahlen betrifft, so sind in Österreich in den vergangenen Jahren im Mittel pro Jahr 23 Skitourengeher gestorben, 340 haben sich verletzt und 250 gerieten unverletzt in eine Notsituation.

Wählt man als beliebiges Merkmal, um Menschen zu definieren, deren Geschlecht, dann sind Frauen bei den unverletzten und toten Skitourengehern im Mittel der letzten Jahre mit unter 20 Prozent unterrepräsentiert, während die Geschlechterverteilung bei den Verletzten nur einen leichten Vorsprung der männlichen Tourengeher zeigt.

PS: Die angeführten Zahlen stammen – falls nicht anders angegeben – vom ÖKAS (Österreichisches Kuratorium für alpine Sicherheit), das in der alpinen Unfalldatenbank die von der Alpinpolizei erhobenen Daten auswertet. Die Ergebnisse dieser weltweit einzigartigen Datenbank wird jährlich zweimal in der Zeitschrift analyse:berg publiziert.